Reise nach Nicaragua , 13.01.-25.01.17
Wir, das sind Claudia und Bärbel, sowie Angel, Hannes, Harald und Manfred machen uns am 13. 1 frühmorgens um 5 auf nach Granada, Nicaragua.
Ziel unserer Reise ist es, eine Kindertagesstätte, die mit Geldern unserer Stiftung „Zukunft durch Bildung“ finanziert werden soll auf den Weg zu bringen.
In der späten Nacht, nach insgesamt 26 Stunden Reisezeit (Anfahrt nach Frankfurt, Flug nach Panamacity, Wartezeit, Flug nach Managua, Fahrt nach Granada) kommen wir in unserem schönen Hotel „Patio del Malinche“ an. Es liegt in einer kleinen Straße nahe des „Parque Central, wo auch die Kathedrale steht.
Ein letztes spätes Bier im Patio, wunderbar!
1.Tag, Samstag, 14.1.2017
Am Morgen :Ankommen.
Claudia und ich gehen in die Stadt um Geld zu tauschen, Dollar in die Landeswährung Cordoba – ein Erlebnis.
Es ist Mitte des Monats, Löhne sind ausgezahlt, deshalb ist die Bank knackevoll, Schlangen wie an der Sicherheit im Flughafen. Schließlich sind wir am Schalter (über die Schlange für Schwangere , Behinderte und Alte), wo uns die Angestellte erst mal über einen Anruf im Hotel identifizieren muss.
Die Stadt wirkt lebendig, viele kleine Geschäfte, Marktstände am Parque central, die Häuser bunt, viel Holz.
Arm? Viel ärmer als in Deutschland sicher, aber hier in der Innenstadt nicht bedrückend, eher einfach.
Claudia meint, die Stadt hat sich seit ihrem letzten Besuch vor 20 Jahren auf den ersten Blick sehr positiv entwickelt, so sind zum Beispiel sehr viel mehr Straßen befestigt.
Es gibt fast keine Bettler, weder Kinder noch Erwachsene, selbst Schuhputzer gibt es nicht.
Polizei fällt nicht auf, an manchen größeren Geschäften oder auch den Banken stehen Sicherheitsleute.
Die Straßen sind voll mit Fahrzeugen, PKWs, Pickups, die auf der Ladefläche Menschen transportieren, Fahrradfahrer, oft zu zweit auf dem Fahrrad(Frauen , auch ältere mit Körben) auf der Stange, und dazwischen Pferdewagen, einfache, einachsige zum Transport von Waren und solche , die Touristen ( auch uns ) zwecks Besichtigung durch die Stadt fahren.
Am späten Vormittag besuchen wir alle die „Casa de los tres mundos“, eine Bildungseinrichtung die von
der deutschen Stiftung „Pan y Arte“ finanziert wird. Das Haus selbst ist übrigens das Geburtshaus von Ernesto Cardenal, dem ehemaligen Kulturminister der sandinistischen Regierung.
Hier haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit in verschiedenen musischen Fächern (Musik, Instrumentalunterricht, Malerei…) umsonst oder fast umsonst unterrichtet zu werden.
Die „Casa“ betreut zusätzlich außerhalb von Granada verschiedene Projekte:
- In Managua eine Bibliothek für Erwachsen, eine Kinderbibliothek sowie und einen Bücherbus der wöchentlich bis zu 350 km und ärmste Wohngegenden aber auch Gefängnisse besucht.
- Der Bibliothek angegliedert ist eine Musikschule, wo Kinder unterrichtet werden, die MusiklehrerInnen fahren aber auch (vor allem mit Flöten ausgerüstet in die Slums um vor Ort zu unterrichten.)
- Eine Dorfgemeinschaft in Malacatoya , ein Dorf, das nach dem Hurrican Mitch 1997 vollständig zerstört wurde und an anderer, geschützter Stelle neu aufgebaut wurde mit Schule, Kinderbibliothek, Gesundheitsstation.
Und wie gesagt, die „Casa“ wird finanziert von der Stiftung „Pan y arte“, (Panyarte.de)die ihren Sitz in Münster hat, und u.a. auch vom (deutschen)Ministerium für Internationale Zusammenarbeit, mit jährlich 167 000 €.
Ziel dieser Stiftung ist es, mit den Kulturprojekten, die sie in Nicaragua finanziert, Chancengleichheit und Perspektiven für die Ärmsten in Nicaragua zu schaffen, im Sinne von: Kultur darf kein Luxus sein.
Wir hatten schon in Deutschland mit Dieter Stadler Kontakt aufgenommen, der hier hauptamtlich für
„ Pan y arte“ arbeitet und all diese Projekte koordiniert.
- Tag, Sonntag, 15.1.2017
Heute sind wir bei Dieter in sein Privathaus eingeladen. In seinem Pickup fahren wir – 4 von uns auf der Ladefläche- zu seinem Haus außerhalb von Granada.
Wir verbringen einen total relaxten Nachmittag, kosten das wunderbare Bier Viktoria und auch den herrlichen nicaragüensichen Rum.
Von Dieter, der seit 30 Jahren in Nicaragua lebt, erfahren wir aus 1. Hand viel Aktuelles aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben des Landes.
Morgen wollen wir mit Dieter zusammen nach Malacatoya fahren
3.Tag, Montag, 16.1.2017
Wir kommen am späten Vormittag in Malacatoya an, wieder abenteuerliche, etwa einstündige Fahrt für uns auf dem Pickup entlang dem Nicaraguasee.
Kurz nachdem wir Granada verlassen, wird die Straße zu unbefestigten Piste, die Häuser am Straßenrand immer ärmer, Hütten aus Wellblech und Holz.
Wir besuchen die Kinderbibliothek.
Im Moment sind Ferien(Das Schuljahr beginnt am 1. Februar) ,weshalb die kleine Kinderbibliothek, die sich in unmittelbarer Nähe der Schule befindet, verwaist ist.
Die junge Frau, die voller Elan die Einrichtung betreut ist 30 Jahre alt, sie hat 3 Kinder und versorgt ihre Kinder alleine, finanziert ihr Leben und das ihrer Kinder mit den ca. 250 Dollar, die sie für ihre Arbeit erhält. Für uns schwer vorstellbar.
Aber die Arbeit gefällt ihr sehr, sie beschreibt unglaublich lebendig, wie sie mit den Kindern arbeitet, wie sie ihnen vorliest,( wir kriegen eine Kostprobe ihrer großartigen Vorlesekunst) sie zum Schreiben animiert, wie sie parallel mit den Eltern arbeitet, sie überzeugt, ihren Kindern vorzulesen- sofern sie lesen können.
Die Analphabetenrate in Nicaragua liegt bei über 15 jährigen immer noch bei etwa 22 %.
Wir sind so begeistert von der jungen Frau und ihrer Arbeit, dass wir spontan beschließen, der Bibliothek eine private Spende für den Einkauf von neuen Büchern zu machen. Bücher sind auch sehr teuer in Nicaragua.
In der Nähe der Bibliothek und der Schule gibt es in Malacatoya außerdem ein Gesundheitszentrum.
- Tag, Dienstag, 17.1.2017
Besuch bei der Frauenorganisation „AMNLAE“, der
„Association de mujeres nicaraguenses Luisa Amanda Espinoza“
Wir treffen Maria Lydia und Indira in ihrem Zentrum in der Nähe der Kathedrale.
„AMNLAE“ ist eine NGO, die verschiedene soziale Projekte betreut, dafür von verschiedenen Stellen, aus dem In- uns Ausland (wie zum Beispiel unsere Stiftung)Gelder erhält, verwaltet und über die ordnungsgemäße Verwendung wacht.
Dieter Stadler hat den Kontakt zu den Frauen hergestellt, schon angefragt, ob sie sich vorstellen könnten, unseren Kindergarten als Träger zu betreuen.
Die Frauen sind sehr angetan von unserer Idee,
weil die ganz kleinen Kinder, wenn die Eltern insbesondere die Mütter arbeiten, dann von den älteren Geschwistern betreut werden. Die gehen dann aber nicht zur Schule.
Mit dem Bau der Kita , der „Guardia“ , würden so zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Wir fahren am Nachmittag in das Bario, wo die
Guardia entstehen soll.
Das passsende Grundstück gibt es schon, Nancy und Brian, ein Paar aus Portland haben eine kommunales Grundstück erworben und möchten es „AMNLAE“ übertragen. Die beiden leben immer für ein halbes Jahr in diesem Bario und leisten ehrenamtliche Sozialarbeit.
Unglaublich, mit welcher Leichtigkeit wir vorankommen.
Wir besichtigen noch das Gesundheitszentrum in der Nähe des geplanten Gebäudes. Eine junge Ärztin berichtet über ihre Arbeit, viel Vorsorge und Information z.B. über Ernährung und Gesundheit für die s e h r jungen Mütter im Bario.
Alle medizinischen Leistungen kosten einen symbolischen Preis.
Wir können noch die Produktion von kleinen Ziegelöfen besichtigen, die erschwinglich sind und auch die offenen und gefährlichen Kochfeuer an den Häusern ersetzen können.
Wir dürfen noch ein weiteres Projekt der Frauen besichtigen in einem anderen Bario.
Dort werden mit der Adobebauweise, das ist Bauen mit Ziegeln, Häuser für bedürftige Familien gebaut und zu einem Preis verkauft, den selbst arme Familien leisten können. Es soll keine Leistung geben ohne eigenen Beitrag.
Die Adobebauweise ist preiswert und schnell .
Die Lehmziegel müssen gegen Regen geschützt werden, Luftfeuchtigkeit schadet nicht.
Die Armut in den Vierteln ist bedrückend .
Wir sehen nackte Kinder, für meine Begriffe notdürftige Unterkünfte, keine Kanalisation, die Straßen unbefestigt. In der Regenzeit kann hier nicht gefahren werden, die Menschen waten durch Schlamm.
Am Abend beeindruckendes Touriprogramm für uns:
Wir besuchen den Nationalpark um den aktiven Vulkan Massaya, spät am Abend.
Wir können in den brodelnden Höllenschlund, der etwa 300 m tief ist, blicken.
Ein großartiges Naturerlebnis!
- Tag., Mittwoch, 18.1. 2017
Noch einmal bei den Frauen von AMNLAE.
Hannes, Dieter und Angel hatten gestern noch die juristischen Feinheiten für das Projekt besprochen.
Geklärt werden muss noch, wie die Schenkung des Grundstücks durch das amerikanische Paar erfolgen kann, (Vertrag?) damit durch unsere Stiftung auch Geld für den Bau fließen kann.
Die Frauen sind aber in dieser Frage schon aktiv geworden, damit möglichst zügig mit den
4 Planungsphasen begonnen werden kann:
- Vermessung , Auffüllung und Verdichtung des Bodens. Davor soll aber im Bario noch eine Befragung durchgeführt werden, ob diese Tagesstätte überhaupt sinnvoll und gewünscht ist, denn die Betreuung der Kinder außerhalb der Familie entspricht nicht der Tradition.
- Rohbau
- Innenausbau
- Inbetriebnahme und Personalfragen
Da Brian, der Besitzer des Grundstücks, morgen in die USA fliegt, wird es schwierig sein, vor seiner Abreise einen Vertrag hinzukriegen.
Für uns stellt sich die Frage, ob auch ohne einen förmlichen Vertrag schon von unserer Stiftung Geld fließen kann.
Die Frauen, die Brian und Nancy gut kennen, sind aber voller Vertrauen und raten uns zur Gelassenheit. Gleichzeitig bringen sie aber viel Verständnis für unsere „Probleme“ auf.
Diese ganz andere Art zu planen und zu arbeiten als wir sie kennen, weniger bürokratisch, ist für uns gewöhnungsbedürftig einerseits, andererseits aber auch sehr beeindruckend.
„ Das wird schon klappen, es wird sich weisen“, das ist die Arbeitsdevise.
Wir diskutieren noch, welchen Anteil unsere Stiftung bzw. AMNLAE für die Betreibung der KITA (
„Guardia“) übernehmen. Die Frauen möchten noch die kommunale Verwaltung sowie das Gesundheits- und Erziehungsministerium mit ins Boot nehmen.
Wir gehen auseinander mit dem Ziel, dass bis Montag, also einen Tag vor unserer Abreise von den Frauen ein Vertrag entworfen wird, den wir mit Hilfe von Dieter lesen und überarbeiten werden.
Es geht darin vor allem um gegenseitige Verpflichtungen wie zum Beispiel die Bereitschaft der Stiftung , die Kita für zunächst 10 Jahre zu betreiben, die Verpflichtung der Frauen, die praktisch treuhänderisch arbeiten, uns über Baufortschritte zu informieren, uns alle wichtigen Entscheidungen mitzuteilen.
Ist der Vertrag dann von beiden Seiten unterschrieben, steht dem Kita-Projekt nichts mehr im Weg.
Wir haben ein gutes Gefühl, und Hannes, unser Anwalt, stellt auch immer die richtigen kritischen Fragen, so dass unser Projekt „wasserdicht“ ist.
6.Tag, Donnerstag, 19.1. 2017
Wir fahren – wieder mit und auf dem Pickup-von nach Managua um die deutsch-nicaraguanische Bibliothek, den Bücherbus „ Bertold Brecht“ und die Musikschule zu besuchen.
Die Bibliothek wurde von einer deutschen Bibliothekarin gegründet und wird von Kindern (die Kinderbibliothek) und Erwachsenen , auch Studenten frequentiert. Bücher sind sehr teuer in Nicaragua, das macht diese Einrichtung besonders wertvoll.
Wir sind schwer beeindruckt, von der Professionalität und dem Engagement der MitarbeiterInnen vor Ort.
Managua wurde bei dem großen Erdbeben kurz vor Weihnachten 1972 fast vollständig zerstört, eine Katastrophe für das arme Land.
Die Folgen des Erdbebens sind immer noch sichtbar, die Stadt wurde auf dem Reißbrett neu konstruiert und wiederaufgebaut- nicht wirklich schön.
Wir besichtigen noch die Skulptur von Sandino, dem Namensgeber der FSLN – der Frente Sandinista de Liberacion Nacional“ auf dem höchsten Punkt von Managua, die von Ernesto Cardenal entworfen wurde.
Am Nachmittag , „zu Hause“ in Granada, sind wir alle in der Stadt unterwegs, einige von uns besteigen den Turm der „ Iglesia la Merced“, von wo aus man einen großartigen Blick über die ganze Stadt, den Nicaraguasee bis zum Vulkan Mombacho über der Stadt hat.
- Tag, Freitag, 19.1.2017
Ein Teil der Gruppe macht einen Ausflug zum Vulkan Mombacho. Wir fahren mit dem zum Informationszentrum des Nationalparks , von dort wandern wir um den Krater, durch den üppigen Wald, sehen Pflanzen, die wir bei uns im Blumengeschäft kaufen, Orchideen….
Wir sind Glückspilze, denn heute ist der Vulkan nicht wie so oft nebelverhangen, wir haben wunderschöne Ausblicke weit über den See bis zum Vulkan Massaya.
Auf dem Rückweg haben wir noch die Gelegenheit eine Kaffeeplantage zu besuchen und nutzen auch die Gunst der Stunde um den berühmten Nicaraguakaffee zu versuchen und auch einzukaufen.
Wir stellen fest, er schmeckt richtig gut und ist nicht mehr zu vergleichen mit der Brühe, die wir zu Zeiten der sandinistischen Revolution in Deutschland aus Solidarität ver- und gekauft haben.
- und 9. Tag , Samstag und Sonntag,
- und 21. 1.2017
Urlaub vom Feinsten:
Wir fahren mit einem Kleinbus in ca. 2 Stunden zum Pazifik, zum „ Playa El Coco“, wo Dieter für uns ein kleines Apartment organisiert hat.
Wir sind hin und weg von dem herrlichen Strand und genießen die 2 Tage am Meer in vollen Zügen.
Selbst Manfred, der Stein und Bein schwört, nicht zu schwimmen, hält nichts zurück.
Alle genießen die Wellen und die wunderbaren Temperaturen.
(Der Wetterbericht aus Karlsruhe: Kältewelle, bis zu Minus 15 Grad)
Dankbar und zufrieden fahren wir am Sonntag zurück nach Granada.
- Tag, Montag, 22.1. 2017
Heute wollen wir den Vertrag unter Dach und Fach kriegen.
Dieter hat den Vertragsentwurf der Frauen übersetzt, wir klären bei ihm im Büro die letzten Fragen. Wir sind so froh über seine Hilfe, ohne ihn wäre alles viel schwieriger gewesen.
Danke Dieter!!
Am Nachmittag sind wir im Büro der Frauen,
der Vertrag wird vorgelesen, anschließend findet die feierliche Unterzeichnung statt.
Für uns alle ist es fast wie ein Wunder:
Völlig unbürokratisch, mit Vertrauen und Zuversicht haben wir mit den Menschen vor Ort innerhalb kürzester Zeit ein Projekt soweit entwickelt, dass wir davon ausgehen, dass wir im März nächsten Jahres zur Einweihung des Kindergartens, der „Guardia“
wieder hier in Granada sind.
11.Tag, Dienstag, 23.1.2017
Rückflug nach Deutschland,
Wir brechen um 7 Uhr morgens auf , fahren mit dem Bus nach Managua, wo wir losfliegen , wieder via Panama City , wir kommen am Mittwoch morgen an in Frankfurt, erfüllt, müde und zufrieden.
Bärbel